Reden ist Gold - Die Rückkehr der Tafelrunde

Förderzweck

1000€

Mittelverwendung: Öffentlichkeitsarbeit, Aufwandsentschädigung, Verpflegung

In der Berliner Gropiusstadt leben knapp 37.000 Menschen verschiedenster kultureller und nationaler Hintergründe in hohen Häusern mit langen Fluren beisammen und begegnen sich dennoch oder deswegen viel zu selten. Die Idee des Walter Gropius, sozialen Problemen durch verdichtete und in die Höhe gezogene Bebauung zu begegnen, wurde verzerrt durch Walter Ulbricht, dessen Mauer im politischen Westen Berlins ein Bauen in noch größere Höhe nötig machte. Seit Herbst 2017 haben wir viel Zeit in der Gropiusstadt verbracht und viele Gespräche mit den Menschen vor Ort geführt, um zu verstehen, welche Probleme sie beschäftigen.

Unser Anfangsverdacht, die Menschen litten aufgrund der architektonischen Strukturen unter großer Anonymität, hat sich nur bedingt bestätigt. Wir haben jedoch verstanden, dass verschiedene Gruppen von Bewohner*innen nebeneinanderher wohnen und sich gegenseitig oft mit Desinteresse begegnen, manchmal auch fürchten. Deswegen wollen wir möglichst viele Menschen zusammenbringen, egal welchen Alters und welchen kulturellen Hintergrunds, und dafür ein möglichst niedrigschwelliges, alters- und kulturübergreifendes Angebot machen: Mitten auf dem Lipschitzplatz überraschen wir die Menschen mit einem langen Tisch, an dem wir zum gemeinsamen Kochen und Essen einladen. Mitmachen können alle, die vorbeikommen, und das tun dort täglich sehr viele Menschen.

Wir planen drei Veranstaltungen im Frühsommer 2018. Wir wollen die Menschen ermutigen, uns von sich und der Gropiusstadt zu erzählen (wie lange sie dort schon leben und warum, was sie damit verbinden, was sie schätzen, was ihnen fehlt, was sie erlebt haben, ...), und wer möchte, kann seine/ihre Geschichte von einer oder einem von uns verwandeln lassen: in eine Zeichnung, eine Collage, ein Gedicht, in Musik, vielleicht in ein Schauspiel oder einen Tanz. Das ist unser Geschenk an jede einzelne/jeden einzelnen, und zugleich soll für alle Anwesenden ein Erlebnis entstehen, das ein nachbarschaftliches Kochen und Essen mit Kunsterfahrung verbindet und auch jenen eine Stimme gibt, die ihre Geschichte nicht vor der versammelten Runde zu Gehör bringen wollen.

Unsere Aktionen sind zwangsläufig spontan und improvisiert, dadurch formal nicht perfekt, auch mal absurd. Das ist aber erwünscht so, weil wir unseren grundsätzlich niedrigschwelligen Ansatz nicht durch Perfektion konterkarieren wollen. Außerdem wollen wir die Anwesenden dadurch ermutigen, sich selbst eines anderen Mediums zu bedienen, und am Ende sind wir hoffentlich nicht die einzigen, die singen oder malen oder dichten. Wir wollen Entwicklungen anstoßen, die allen Beteiligten Spaß und Experimentierfreude bereiten und dadurch nachbarschaftliche Netzwerke stiften.

BRAND – Verein für theatrale Feldforschung e. V. ist ein in Berlin-Neukölln ansässiger gemeinnütziger Verein, der sich zum Ziel gesetzt hat, Kunst und Kultur gesellschaftlich zu verankern. BRAND realisiert seit 2009 theatrale Aktionen vor allem im öffentlichen Raum und hauptsächlich in Neukölln.